Über Goethe und seine Frauen wurden schon viele Bücher geschrieben, Dissertationen verfasst, Filme gedreht. Ganze Generationen von Lesern zerbrachen sich den Kopf über sein Verhältnis zur Frau von Stein. (Hat er oder hat er nicht?) Oder war es vielleicht doch die Herzogin Anna Amalia ? Was hielt ihn an Christiane Vulpius, zu der er sich nie bekannte ? War es nur ihre erotische Ausstrahlung ? Man wird es wohl nie ganz erfahren.

Auch diese Herme-Skulptur kann dazu keine schlüssigen Antworten, aber wenigstens Denkanstöße geben.

Im alten Griechenland wurden wichtige Persönlichkeiten, Philosophen, Politiker, Künstler als „Herme“ dargestellt, das heißt eine Stele mit Büste und erigiertem Penis. Je wuchtiger der Phallus, desto wichtiger die Person. Ursprünglich war dies eine Darstellung des Götterboten Hermes – daher der Name. In jedem Fall sieht man daran, dass die alten Griechen im Gegensatz zu unserer heutigen Kultur christlicher Prägung, ein wesentlich freieres Verhältnis zur Sexualität hatten. An Wegkreuzungen oder entlang einer Grundstücksgrenze wurden solche Skulpturen aufgestellt. Manche dienten dabei einfach als Zaunpfahl. In den Aussparungen an den Seiten steckten die Querbalken.

Ob Goethe selbst sich mit einer Portraitdarstellung als Herme hätte identifizieren können, bleibt offen. Er war jedenfalls ein großer Bewunderer der Antike, obwohl er sich am Ende seines Lebens wieder mehr zur katholisch – christlichen Weltanschauung zuwandte, wie er es ja auch am Schluß seines Faust zur Geltung brachte. Die 4 Stufen des Weiblichen vor dem legendären „Chorus Mysticus“ am Ende des Faust II, sprechen jedenfalls eine sehr deutliche Sprache! Goethe, der Frauenheld, der sogar seine eigene Gattin vor der Öffentlichkeit versteckte, wendet sich plötzlich an die sogenannte Jungfrau Maria. Eine Plattitüde, die für moderne Menschen schwer nachvollziehbar ist. Der Text : „Jungfrau, Mutter, Königin, Göttin“ wurde auf der Herme in Goethes eigener Handschrift gemeißelt.

Auf der rechten Seite der Skulptur befindet dich eine Skizze der Urpflanze, die ihr Fortpflanzungsorgan, ihre Blüte der Sonne entgegen reckt. Das Portrait geht auf eine Maske zurück die sich Goethe 1807 im Alter von 58 Jahren vom Bildhauer Karl Gottlieb Weißer abnehmen ließ. Goethe war für die damalige Zeit ein recht großer Mann, 1,76 Meter. Der Betrachter kann, wenn er sich auf den kleinen Sockel vor der Herme stellt, dem Dichter auf gleicher Höhe gegenübertreten.

Noch eine Schlussbemerkung zum Cockring an Goethes Glied. Aber dazu soll der alte Geheimrat selbst zu Wort kommen, der ja in manchen Gedichten sogar humorvoll sein konnte :

Gerne der Zeiten gedenk’ ich,

Da all meine Glieder gelenkig 

Bis auf eins.

Die Zeiten kehren nie wieder,

Steif sind all meine Glieder

Bis auf eins.